Die St.-Barbara-Kirche in Wünschensuhl

„Die Hungernden speisen“

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Die Chorturmkirche enthält vorreformatorische Bauteile. Der achteckige Turmaufsatz entstand im Jahr 1826. Das Langhaus vereint Bauphasen des 16. bis 18. Jahrhunderts. Zwei mittelalterliche Glocken gingen in den Kriegen verloren. Nach dem 2. Weltkrieg erwarb die Gemeinde neue Glocken. Das Läuten wird bis heute per Hand gesteuert. Eine Tafel mit Porträtfotos der Teilnehmer und Gefallenen des 1. Weltkrieges erschüttert den Betrachter angesichts der vielen Männer, die dem kleinen Dorf verloren gingen.

An eine länger zurückliegende historische Krise erinnert die unscheinbare Holztafel an der Ostwand des Langhauses. Sie berichtet von einer Spendenaktion für die Armen des Ortes. 1847 herrschte aufgrund von Missernten und Kartoffelfäule große Hungersnot in Deutschland und Europa, die zu Verarmung, Auswanderung und Hungerunruhen führten. Das unscheinbare Holzbrett zeugt von sozialen Verwerfungen in Folge der einsetzenden Industrialisierung, denn besonders Tagelöhner, Fabrikarbeiter und Handwerker litten unter der Nahrungsmittelverknappung und der Teuerung.

Die Gemeinde übernahm in dieser gesellschaftlichen Krise Verantwortung für ihre Armen verbunden mit der Mahnung vor hohem Anspruchsdenken angesichts der verbreiteten Not. Jeder war aufgerufen, etwas für den Anderen zu tun. Die Gabe an die Armen ist ein Werk der Barmherzigkeit, das dem christlichen Gebot der Nächstenliebe folgt.

Der Name der Kirche in Wünschensuhl geht auf einen der Maria, dem Kreuz und der Heiligen Barbara geweihten Vorgängerbau aus dem 14. Jahrhundert zurück. Die Heilige Barbara ist vor allem bekannt als Schutzheilige der Bergleute. Sie war aber auch von großer Bedeutung als Fürbitterin für einen guten, das heißt vorbereiteten und vom Sakrament des Abendmahls begleiteten Tod.

Die Chorturmkirche enthält noch Bauteile aus vorreformatorischer Zeit. Im Chor, der im 15. Jahrhundert entstanden ist, entdeckte man bei Sanierungsarbeiten eine gotische Sakramentsnische. Der quadratische Turmteil ist noch mittelalterlich, der achteckige Aufsatz entstand 1826. Im Haupthaus vereinen sich Bauphasen aus dem 16. bis ins das 18. Jahrhundert. Der ehemalige Sakristei-Einbau wurde vom Chor unter die Westempore verlegt. Insgesamt strahlt die Kirche eine große Nüchternheit aus. Lediglich die Orgelempore ist reicher verziert. Zwei wertvolle mittelalterliche Glocken gingen in den Kriegen verloren. Neue Glocken wurden nach dem zweiten Weltkrieg angeschafft und werden bis heute von Hand gesteuert. Die Gemeinde verbindet sich durch das gemeinsame Hören des Läutens zu alltäglichen, festlichen und traurigen Anlässen.

Eine mit Fotos gestaltete Tafel erinnert an die Teilnehmer und Gefallenen des ersten Weltkrieges. Angesichts des kleinen Dorfes erschüttern den Betrachter die vielen Männer, die kämpften, ihre Gesundheit und ihr Leben verloren. An eine noch weiter zurückliegende historische Krise erinnert eine unscheinbare Holztafel an der Ostwand des Langhauses neben dem Chorbogen. Sie berichtet folgendes: „Danket dem Herrn, denn er ist freundlich und seine Güte währet ewiglich. / Zur ewigen Erinnerung an den 8. August 1847 als am Tage, wo die Gemeinde Wünschensuhl seinen Armen eine kleine Ärntegabe reichte. / Nicht das Wieviel?, sondern das Wie? Entscheidet bei der Gabe.“ 1847 herrschte aufgrund von Missernten und der Kartoffelfäule große Hungersnot in Deutschland und vielen anderen europäischen Ländern, die zu Verarmung, Auswanderung und Hungerunruhen führten. Das unscheinbare Holzbrett erinnert an die Abhängigkeit der Menschen von großen Wetterlagen und zeugt gleichzeitig von sozialen Verwerfungen in Folge der einsetzenden Industrialisierung. Denn vor allem Tagelöhner, Fabrikarbeiter und Handwerker litten unter den Folgen von Nahrungsmittelverknappung und Teuerung. Die Gemeinde Wünschensuhl übernahm in dieser gesellschaftlichen Krise die Verantwortung für ihre Armen, mahnte diese mit der Tafel gleichermaßen zu Bescheidenheit und warnt vor überzogenem Anspruchsdenken angesichts der wirtschaftlichen Not.

Die Gabe an die Armen ist ein Werk der Barmherzigkeit, das dem christlichen Gebot der Nächstenliebe folgt. Zur Nächstenliebe gehört auch, dass man nicht nur die materielle Gabe sondern auch die damit verbundene innere Zuwendung zum Anderen entdeckt und würdigt, sei es aus der Perspektive des Gebenden oder auch des Nehmenden. So entsteht ein reiches Gemeindeleben.

Gefördert durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete.