Die Kirche St. Nikolai in Lauterbach

Feste aus der Marienlegende

 

 

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Die Grundsteinlegung zum Kirchenbau fand 1700 statt. Die Kirche ersetzte einen mittelalterlichen Vorgängerbau. Steine der früheren Kirchen finden sich in der Kirchhofmauer. Der massiv gemauerte Altar stammt aus der Vorgängerkirche.

Auffälligstes Ausstattungsstück ist der gotische Marien-Altar. Maria mit dem Kind auf der Mondsichel ist umgeben von den Heiligen Katharina, Ursula, Barbara und Dorothea. Die Tafelbilder an den Seitenflügeln zeigen die Heimsuchung, die Geburt, die Anbetung und die Darstellung im Tempel. Die Außenseiten der Altarflügel stellen die Verkündigung dar.

Der Altar verweist auf den vorreformatorischen Marienkult. Er spielte im bäuerlichen Kalender eine wichtige Rolle. Der Verkündigung des Herren wird am 25. März gedacht. Der 2. Juli erinnert an Marias Besuch bei Elisabeth. „Mariä Heimsuchung“ setzte 1263 der Franziskaner und Kirchenvater Bonaventura als Fest im Jahreskreis ein. Es verbreitete sich mit den Franziskanern in ganz Europa. Das Datum gilt als Tag der Wetterwende, denn man sagt, wenn es am 2. Juli regnet, dann regnet es noch 40 Tage.

Nach der Feier der Geburt Christi und dem Gedenken an das Erscheinen der drei Heiligen Könige zeigt der Altar die „Darstellung im Tempel“, „Mariä Lichtmess“ genannt. Der Festtag am 2. Februar gilt seit dem 5. Jahrhundert als Ende der Weihnachtszeit und gibt Anlass für viele Bräuche. In der katholischen Tradition weiht man zu diesem Fest Kerzen für das Jahr, woher der Name „Lichtmess“ rührt. Bauernregeln für Lichtmess befassen sich mit dem Frühling.

Die Geschichten der Bibel und christliche Festtage halfen den Menschen über Jahrhunderte, das Jahr zu strukturieren. Religiöse Feste und Lebenswelt standen auf diese Weise in einer untrennbaren Beziehung zueinander.

Der Grundstein für die Lauterbacher Kirche wurde 1700 an der Stelle einer abgebrochenen vorreformatorischen Kirche gelegt. Steine des gotischen Vorgängerbaues haben sich in der ehemaligen Friedhofsmauer, die die Kirche umgibt, erhalten. 1701 konnte der Bau einer schlichten Saalkirche mit längsrechteckigen Fenstern und Türen und einem Dachreiter im Westen vollendet werden. Den Kirchenraum überwölbt eine Holztonne. An der Nordwand erkennt man noch den einstigen Ort einer Herrschaftsloge, die mit dem Vers „Ich und mein Haus wollen dem Herren dienen“ von der Verbindung ständischer Macht und christlicher Religiosität erzählt. Den Altarraum schließt eine zentrale Kanzel ab, die sich über einem Sakristei-Einbau erhebt. Ein Kreuz-Medaillon im Strahlenkranz schmückt den Schalldeckel. Die Brüstungsfelder der Emporen tragen Bibelverse. Bemerkenswert ist der Altar, der aus massiven Steinen gemauert ist und aus der Vorgängerkirche stammt. Auffälligste Zierde des Kirchenraumes ist der spätgotische Marien-Altar, der nördlich neben der Kanzel Aufstellung fand. In der Mitte ist Maria mit dem Kind auf der Mondsichel dargestellt, in zwei Etagen umgeben von den Heiligen Katharina, Ursula, Barbara und Dorothea. Die Seitenflügel bilden Tafelgemälde, die von der Heimsuchung, der Geburt, der Anbetung und der Darstellung im Tempel erzählen. Die Außenseiten der Altarflügel stellen die Verkündigung dar. Der Altar widmet sich damit der Schwangerschaft Mariens und dem Säuglingsalter Jesu. Er legt ein Zeugnis vorreformatorischer Marienfrömmigkeit ab. Die Darstellungen erzählen die Geschichten anhand typischer Motive, die aber nicht ins Stereotype verfallen, sondern die menschliche Dimension hinter den biblischen Geschichten ergründen. In stiller Demut agieren die Personen und erfüllen so Gottes Vorsehung.

Der vorreformatorische Marienaltar erinnert daran, dass sich im Jahreskreis Fest- und Gedenktage nicht nur der Lebensgeschichte Jesu, sondern auch seiner Mutter widmen. Sie spielten einst auch im bäuerlichen Kalender eine wichtige Rolle. Der Verkündigung des Herren wird zumeist am 25. März gedacht, sofern der Termin nicht in die Kar- oder Ostertage fällt. Am 2. Juli erinnert man an die sogenannte „Heimsuchung Mariens“: Auf dem Tafelgemälde in Lauterbach sehen wir Maria, die von Elisabeth vor dem Haus empfangen wird. Im Hintergrund erstreckt sich eine einsame, bergige Landschaft. Mariä Heimsuchung wurde 1263 durch den Franziskaner und Kirchenvater Bonaventura als Fest eingesetzt und verbreitete sich mit den Franziskanern schnell in der westlichen Kirche. Das Lukasevangelium berichtet, dass Maria während der Verkündigung ihrer Schwangerschaft durch den Erzengel Gabriel erfuhr, dass ihre Verwandte Elisabeth ebenfalls schwanger sei, obwohl diese schon recht alt war und als unfruchtbar galt. Daraufhin besucht Maria Elisabeth. Die Begegnung der Frauen ist wie folgt beschrieben: „Maria aber machte sich auf in diesen Tagen und ging eilends in das Gebirge zu einer Stadt in Juda und kam in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Und es begab sich, als Elisabeth den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leibe. Und Elisabeth wurde vom heiligen Geist erfüllt und rief laut und sprach: Gepriesen bist du unter den Frauen und gepriesen ist die Frucht deines Leibes.“ (Lk. 1, 39-42) Maria antwortet auf die Lobpreisung der Elisabeth mit dem berühmten Magnifikat: „Meine Seele erhebet den Herren, und mein Geist freut sich Gottes, meines Heilandes; …“ (Lk. 1, 46-47) Da der Termin am 2. Juli nach dem Fest der Geburt Johannes des Täufers, dem 24. Juni, liegt, wurde im Jahre 1969 in der katholischen Kirche das Fest der Heimsuchung Mariens auf den 31. Mai vorverlegt. Es beendet hier die Reihe der Marienfeste im Mai. Im reformierten, altkatholischen und im regionalen Festkalender aber blieb der ursprüngliche Festtermin am 2. Juli erhalten. Dieses Datum gilt als Tag der Wetterwende. Man sagt, wenn es am 2. Juli regnet, dann wird es 40 Tage regnen. Gutes trockenes Wetter war aber in der Zeit der beginnenden Reife der Felder von höchster Bedeutung. Ein Hagelschlag konnte die kurz vor der Ernte stehenden Feldfrüchte und damit die Lebensgrundlage für das nächste Jahr bedrohen. Daher praktizierte man an diesem Tag Wetterzauber.

Nach der Feier der Geburt Christi und dem Gedenken an das Erscheinen der drei Heiligen Könige folgt auf dem Marienaltar die „Darstellung im Tempel“, was allgemein als Mariä Lichtmess bekannt ist. Das Lauterbacher Gemälde zeigt Maria in dunkelblauem Mantel und rotem Gewand – als Herrschaftszeichen. Sie wird begleitet von zwei Frauen. Zwischen den Frauen und Männern, die im Tempel dienen, befindet sich der Altar, auf dem der Christusknabe steht und vom Priester gehalten wird. Seit dem 5. Jahrhundert gedenken Christen der Darbietung des Jesusknaben im Tempel, wie der Evangelist Lukas beschreibt. „Und als die Tage ihrer Reinigung nach dem Gesetz des Mose um waren, brachten sie ihn hinauf nach Jerusalem, um ihn dem Herren darzustellen.“ (Lk. 2, 22 - 40) 40 Tage nach der Geburt konnte Maria den Tempel wieder betreten und erfährt dort durch den frommen Simeon und die Prophetin Hanna, dass ihr Kind der Erlöser sei. Die Eltern opferten für ihren Sohn Turteltauben – eine Gabe der Armen. In der katholischen Tradition weiht man anlässlich dieses Festes die Kerzen für das Jahr, woraus sich der Name „Lichtmess“ ergibt. Mariä Lichtmess gilt auch als Ende der Weihnachtszeit und ist bis heute von Bräuchen begleitet. In der Zeit Anfang Februar werden zudem die allmählich länger werdenden Tage spürbar. Zahlreiche Bauernregeln zu diesem Tag treffen Aussagen zum Kommen des ersehnten Frühlingswetters. Einst maß man ebenfalls an diesem Tag die Vorräte, die bis Mariä Lichtmess erst zur Hälfte aufgebraucht sein durften, um bis zur nächsten Ernte zu reichen. Gesinde konnte an diesem Tag seine Stellung wechseln und ausgezahlt werden.

Das Lauterbacher Altarretabel erzählt sinnlich und in leuchtenden Farben die Geschichten von Maria und dem Kind, wie die Bibel sie überliefert. Diese gaben den Menschen über Jahrhunderte Anlass, das Jahr zu strukturieren. Religiöse Feste und Lebenswelt sind auf diese Weise untrennbar miteinander verflochten.

Gefördert durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums: Hier investiert Europa in die ländlichen Gebiete.